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Arn Strohmeyer
Der Dichter, die Insel und der Krieg. Erhart Kästner
in Kreta 1943-44
Der Schriftsteller Erhart Kästner (1904 – 1974) ist
bei Griechenland-Liebhabern auch heute noch äußerst
populär und nicht wenige wandern mit seinen Büchern in
der Hand durch Hellas. In Rezensionen seines Werkes ist viel von
seinem „Glauben an die Würde des Menschen“ und „seinem
Humanismus“ die Rede. Was aber weniger bekannt ist oder nicht zur
Kenntnis genommen wird, ist Kästners Verhältnis zum
Nationalsozialismus. Der Schriftsteller meldete sich 1940
freiwillig zur Wehrmacht und wurde nach seiner Ausbildung nach
Griechenland geschickt. In Thessaloniki erhielt er von der
dortigen deutschen Militärführung den Auftrag,
Griechenlandbücher für die Soldaten der Wehrmacht zu
schreiben. So entstanden die beiden Werke „Griechenland“ (1943)
und „Kreta“ (1946). Abgesehen von einigen direkt „braunen“ und
rassistischen Passagen verwundert an diesen Texten vor allem, wie
hier ein deutscher Bildungsbürger im Waffenrock der
Wehrmacht durch das von Hitlers Truppen verheerte Hellas zieht
und von all dem Morden und den Zerstörungen offenbar nichts
mitbekommt. Den griechischen Widerstand bezeichnet er im
NS-Jargon als „Banden“. Kästner schildert Griechenlands
Landschaften und antike Stätten mitten im Krieg in
philhellenischer Begeisterung als Idyllen des Friedens und der
Schönheit. Nun hätte er sich in seinen
Wehrmachtsbüchern natürlich nicht kritisch über
die NS-Kriegsführung äußern dürfen, aber er
hätte es nach 1945 tun und Worte des Bedauerns und der
Trauer über die unermesslichen Leiden finden können,
die die deutschen Besatzer den Griechen zugefügt haben. Er
hat es nicht getan, sondern hat seine Bücher von den
„braunen“ Stellen gereinigt und neu herausgegeben. Statt eines
Schuldbekenntnisses flüchtete er in nichtssagende
Abstraktionen und machte das „Schicksal“ oder höhere
Mächte für alles verantwortlich. Arn Strohmeyer geht
dem Phänomen nach, wie dieser Autor mitten in Hitlers Krieg
in Hellas „sein“ ideales Griechenland sucht und dabei jede
Wahrnehmung der äußeren brutalen Realität so gut
wie völlig ausklammert. Kästner steht in der unguten
deutschen Tradition von Intellektuellen, die sich dem „Adel des
Geistes“ verpflichtet fühlen, aber die politischen
Realitäten nicht sehen wollen und ihnen deshalb
ohnmächtig gegenüber stehen. |
2000 broschiert 52 Seiten 7,00 € 3-927723-44-4 |